Die Wirksamkeit eines Medikaments wird an Probanden getestet, die entweder das Medikament oder ein Placebo verabreicht bekommen.
Betrachtet werden folgende Ereignisse:
\(M\): „Der Proband nimmt das Medikament ein."
\(G\): „Der Proband wird gesund."
Das Baumdiagramm informiert darüber, mit welcher Wahrscheinlichkeit die Ereignisse jeweils eintreten.
- Beschreiben Sie die Bedeutung des Werts \(0{,}8\) im Sachzusammenhang in Worten.
- Stellen Sie den Sachverhalt mithilfe einer vollständig ausgefüllten Vierfeldertafel dar.
- Berechnen Sie die Wahrscheinlichkeit dafür, dass ein Proband, der gesund wurde, ein Placebo verabreicht bekam.
a) Beschreiben Sie die Bedeutung des Werts \(0{,}8\) im Sachzusammenhang.

Bei der Betrachtung eines zweistufigen Zufallsexperiments mit den Ereignissen \(A\) und \(B\) müssen zwei Fälle sorgfältig unterschieden werden.
1. Die Ereignisse \(A\) und \(B\) treten zugleich ein (\(A \cap B\)).
2. Das Ereignis \(B\) tritt unter der Bedingung ein, dass das Ereignis \(A\) bereits eingetreten ist.
Bedingte Wahrscheinlichkeit
Die Wahrscheinlichkeit für das Eintreten des Ereignisses \(B\) unter der Bedingung, dass das Ereignis \(A\) bereits eingetreten ist, heißt bedingte Wahrscheinlichkeit von \(\boldsymbol{B}\) unter der Bedingung \(\boldsymbol{A}\) und wird durch die Schreibweise \(P_A(B)\) gekennzeichnet.
Es gilt: \(P_A(B) = \dfrac{P(A \cap B)}{P(A)} \enspace (P(A) \neq 0)\)
Die bedingten Wahrscheinlichkeiten werden bei einem Baumdiagramm an den Pfaden der zweiten Stufe (und ggf. höher) angetragen.
An den Enden der Pfade stehen die Wahrscheinlichkeiten für das gleichzeitige Eintreten der Ereignisse.
Nach der 1. Pfadregel (Multiplikationsregel) gilt beispielsweise:
\[\begin{align*}\textcolor{#e9b509}{P(A)} \cdot \textcolor{#0087c1}{P_A(B)} &= \textcolor{#cc071e}{P(A \cap B)} \\[0.8em] \Leftrightarrow \textcolor{#0087c1}{P_A(B)} &= \dfrac{\textcolor{#cc071e}{P(A \cap B)}}{\textcolor{#e9b509}{P(A)}}\end{align*}\]
Analog gilt für ein Baumdiagramm, das mit den Ereignissen \(B\) und \(\overline{B}\) beginnt, mithilfe der 1. und 2. Pfadregel:
\[\begin{align*}\textcolor{#e9b509}{P(B)} \cdot \textcolor{#0087c1}{P_B(A)} &= \textcolor{#cc071e}{P(A \cap B)} \\ \Leftrightarrow \textcolor{#0087c1}{P_B(A)} &= \frac{\textcolor{#cc071e}{P(A \cap B)}}{\textcolor{#e9b509}{P(B)}} \\\textcolor{#0087c1}{P_B(A)} &= \frac{\textcolor{#cc071e}{P(A \cap B)}}{\textcolor{#cc071e}{P(A \cap B)}+ \textcolor{#89ba17}{P(\overline{A} \cap B)}}\end{align*}\]
\(B\) | \(\overline{B}\) | ||
\(A\) | \(\textcolor{#cc071e}{P(A \cap B)}\) | \(P(A \cap \overline{B})\) | \(\textcolor{#e9b509}{P(A)}\) |
\(\overline{A}\) | \(P(\overline{A} \cap B)\) | \(P(\overline{A} \cap \overline{B})\) | \(P(\overline{A})\) |
\(\textcolor{#e9b509}{P(B)}\) | \(P(\overline{B})\) | \(1\) |
\[\textcolor{#0087c1}{P_A(B)} = \frac{\textcolor{#cc071e}{P(A \cap B)}}{\textcolor{#e9b509}{P(A)}} \qquad \textcolor{#0087c1}{P_B(A)} = \frac{\textcolor{#cc071e}{P(A \cap B)}}{\textcolor{#e9b509}{P(B)}}\]
Die bedingten Wahrscheinlichkeiten ergeben sich bei einer Vierfeldertafel als Quotient aus dem Eintrag einer inneren Zelle und dem Eintrag einer Randzelle.
\(0{,}8\) ist der Wert für die bedingte Wahrscheinlichkeit \(P_M(G)\).
Im Sachzusammenhang in Worten:
Die Wahrscheinlichkeit dafür, dass ein Proband, der das Medikament einnimmt, gesund wird, beträgt 80 %.
oder
80 % der Probanden, die das Medikament einnehmen, werden gesund.
b) Stelle Sie den Sachverhalt mithilfe einer vollständig ausgefüllte Vierfeldertafel dar.
Aus dem Baumdiagramm lassen sich nur die Wahrscheinlichkeiten \(P(M) = 0{,}7\) und \(P(\overline{M}) = 0{,}3\) in die Vierfeldertafel übernehmen.
\(M\) | \(\overline{M}\) | ||
\(G\) | |||
\(\overline{G}\) | |||
\(0{,}7\) | \(0{,}3\) | \(1\) |
Um aus dem Baumdiagramm eine Vierfeldertafel zu erstellen, bietet es sich an, mithilfe der 1. Pfadregel zwei innere Einträge zu errechnen, die nicht in derselben Zeile bzw. Spalte liegen, beispielsweise \(P(M \cap G)\) und \(P(\overline{M} \cap \overline{G})\).
\(M\) | \(\overline{M}\) | ||
\(G\) | \(\textcolor{#cc071e}{P(M \cap G)}\) | ||
\(\overline{G}\) | \(\textcolor{#0087c1}{P(\overline{M} \cap \overline{G})}\) | ||
\(0{,}7\) | \(0{,}3\) | \(1\) |

Ein Baumdiagramm ist ein äußerst anschauliches Hilfsmittel für die Berechnung von Wahrscheinlichkeiten bei mehrstufigen Zufallsexperimenten. Jeder Pfad eines Baumdiagramms führt genau zu einem Ergebnis.
Es gelten folgende Pfadregeln:
1. Pfadregel (Produktregel)
Die Wahrscheinlichkeit eines einzelnen Ergebnisses ist gleich dem Produkt der Wahrscheinlichkeiten entlang des Pfades, der zu dem Ergebnis führt.
2. Pfadregel (Summenregel)
Die Wahrscheinlichkeit eines Ereignisses ist gleich der Summe der Wahrscheinlichkeiten der Ergebnisse, deren Pfade zu diesem Ereignis gehören.
Verzweigungsregel (Knotenregel)
Die Summe der Wahrscheinlichkeiten an den Ästen, die von einem Knoten ausgehen, ist gleich eins.
\[\begin{align*} \textcolor{#e9b509}{P(B)} &= \underbrace{\textcolor{#cc071e}{P(A \cap B)} + \textcolor{#0087c1}{P(\overline{A} \cap B)}}_{\large{\text{2. Pfadregel}}} \\[0.8em] &= \underbrace{\textcolor{#cc071e}{P(A)} \cdot \textcolor{#cc071e}{P_A(B)}}_{\large{\text{1. Pfadregel}}} + \underbrace{\textcolor{#0087c1}{P(\overline{A})} \cdot \textcolor{#0087c1}{P_{\overline{A}}(B)}}_{\large{\text{1. Pfadregel}}}\end{align*}\]
Ein Laplace-Würfel mit verschiedenfarbigen Seitenflächen wird zweimal geworfen. Eine Seitenfläche des Würfels ist rot, zwei Seitenflächen sind gelb und drei sind blau.
Bestimmen Sie die Wahrscheinlichkeit für das Ereignis \(E\): „Beide Würfe zeigen die gleiche Farbe."
\(P(\text{„}\textcolor{#cc071e}{\text{rot}}\text{"}) = \textcolor{#cc071e}{\dfrac{1}{6}}\), \(P(\text{„}\textcolor{#e9b509}{\text{gelb}}\text{"}) = \textcolor{#e9b509}{\dfrac{1}{3}}\), \(P(\text{„}\textcolor{#0087c1}{\text{blau}}\text{"}) = \textcolor{#0087c1}{\dfrac{1}{2}}\)
\[E = \{(\textcolor{#cc071e}{rr}),(\textcolor{#e9b509}{gg}),(\textcolor{#0087c1}{bb})\}\]
\[\begin{align*}P(E) &= \underbrace{P(\textcolor{#cc071e}{rr})+P(\textcolor{#e9b509}{gg})+P(\textcolor{#0087c1}{bb})}_{\large{\text{2. Pfadregel}}}\\ &= \underset{\large{\text{jeweils 1. Pfadregel}}}{\underbrace{\textcolor{#cc071e}{\frac{1}{6}} \cdot \textcolor{#cc071e}{\frac{1}{6}}} + \underbrace{\textcolor{#e9b509}{\frac{1}{3}} \cdot \textcolor{#e9b509}{\frac{1}{3}}} + \underbrace{\textcolor{#0087c1}{\frac{1}{2}} \cdot \textcolor{#0087c1}{\frac{1}{2}}}} \\[0.8em] &= \textcolor{#cc071e}{\frac{1}{36}} + \textcolor{#e9b509}{\frac{1}{9}} + \textcolor{#0087c1}{\frac{1}{4}} = \frac{1}{36} + \frac{4}{36} + \frac{9}{36} \\[0.8em] &= \frac{14}{36} = \frac{7}{18} \end{align*}\]
\[\textcolor{#cc071e}{P(M \cap G)} = P(M) \cdot P_M(G) = 0{,}7 \cdot 0{,}8 = \textcolor{#cc071e}{0{,}56}\]
\[\textcolor{#0087c1}{P(\overline{M} \cap \overline{G})} = P(\overline{M}) \cdot P_{\overline{M}}(\overline{G}) = 0{,}3 \cdot 0{,}5 = \textcolor{#0087c1}{0{,}15}\]
\(M\) | \(\overline{M}\) | ||
\(G\) | \(\textcolor{#cc071e}{0{,}56}\) | ||
\(\overline{G}\) | \(\textcolor{#0087c1}{0{,}15}\) | ||
\(0{,}7\) | \(0{,}3\) | \(1\) |
Die Vierfeldertafel kann nun durch zeilen- bzw. spaltenweise Addition bzw. Subtraktion vollständig ausgefüllt werden.
\(M\) | \(\overline{M}\) | ||
\(G\) | \(\textcolor{#cc071e}{0{,}56}\) | \(0{,}15\) | \(0{,}71\) |
\(\overline{G}\) | \(0{,}14\) | \(\textcolor{#0087c1}{0{,}15}\) | \(0{,}29\) |
\(0{,}7\) | \(0{,}3\) | \(1\) |
c) Berechnen Sie die Wahrscheinlichkeit dafür, dass ein Proband, der gesund wurde, ein Placebo bekam.
Gesucht ist die bedingte Wahrscheinlichkeit \(P_G(\overline{M})\), die sich mithilfe der ausgefüllte Vierfeldertafel berechnen lässt.
\(M\) | \(\overline{M}\) | ||
\(G\) | \(0{,}56\) | \(\textcolor{#89ba17}{0{,}15}\) | \(\textcolor{#e9b509}{0{,}71}\) |
\(\overline{G}\) | \(0{,}14\) | \(0{,}15\) | \(0{,}29\) |
\(0{,}7\) | \(0{,}3\) | \(1\) |
\[P_G(\overline{M}) = \frac{\textcolor{#89ba17}{P(\overline{M} \cap G)}}{\textcolor{#e9b509}{P(G)}} = \frac{\textcolor{#89ba17}{0{,}15}}{\textcolor{#e9b509}{0{,}71}} \approx 0{,}21 = 21\,\%\]