Kann die Wahrscheinlichkeit dafür, dass eine Zufallsvariable einen Wert annimmt, der kleiner als ihr Erwartungswert ist, größer als 50 % sein? Begründen Sie Ihre Antwort.

(4 BE)

Lösung zu Teilaufgabe 2b

 

Antwort: Ja.

 

Begründung durch Beispiel

 

Vorüberlegung:

Der Erwartungswert \(\mu\) einer binomialverteilten Zufallsgröße \(X\) ist in der Regel keine Trefferanzahl \(k\). Für \(\mu \neq k\,;\; k \in \mathbb N\) sind die Wahrscheinlichkeiten der dem Erwartungswert benachbarten Trefferanzahlen am größten.

Die Binomialverteilung ist für \(p = 0{,}5\) symmetrisch. Für \(0 < p < 0{,}5\) ist das Maximum der Wahrscheinlichkeitsverteilung hin zu kleinen Trefferanzahlen verschoben (nach links). Eine Wahrscheinlichkeit \(P(X < \mu) > 0{,}5\) wird man deshalb für kleine Trefferwahrscheinlichkeiten \(p\) erwarten.

Die Summe der Wahrscheinlichkeiten aller Trefferanzahlen \(k\) ist gleich Eins: \(P^{n}_{p}(X \leq n) = 1\). Je kleiner die Länge \(n\) einer Bernoullikette ist, desto größer sind die Wahrscheinlichkeiten \(P(X = k)\) für die Trefferanzahlen \(k\). Folglich findet man Wahrscheinlichkeiten \(P(X = k) > 0{,}5\) vor allem für Bernoulliketten kleiner Längen \(n\).

Wahrscheinlichkeitsverteilung und Erwartungswert μ einer nach B(10;0,5) binomialverteilten Zufallsgröße X

Wahrscheinlichkeitsverteilung und Erwartungswert \(\mu\) einer nach \(B(10;0{,}5)\) binomialverteilten Zufallsgröße \(X\)

Wahrscheinlichkeitsverteilung und Erwartungswert μ einer nach B(10;0,05) binomialverteilten Zufallsgröße X

Wahrscheinlichkeitsverteilung und Erwartungswert \(\mu\) einer nach \(B((10;0{,}05)\) binomialverteilten Zufallsgröße \(X\)

 

Beispiel:

Die Zufallsgröße \(X\) sei nach \(B(10;0{,}05)\) binomialverteilt.

\[n = 10\,; \quad p = 0{,}05\]

 

Erwartungswert berechnen:

Erwartungswert einer binomialverteilten Zufallsgröße

Erwartungswert \(\boldsymbol{\mu}\) einer binomialverteilten Zufallsgröße \(\boldsymbol{X}\)

\(\mu = E(X) = n \cdot p\)  (vgl. Merkhilfe)

Wobei \(n\) die Länge der Bernoullikette und \(p\) die Trefferwahrscheinlichkeit für das Eintreten des betrachteten Ereignisses ist.

\[\mu = E(X) = n \cdot p = 10 \cdot 0{,}05 = 0{,}5\]

\[\Longrightarrow \quad P^{10}_{0{,}05}(X < \mu) = P^{10}_{0{,}05}(X = 0)\]

 

Stochastisches Tafelwerk (ST) verwenden:

 

\[P^{10}_{0{,}05} (X = 0) = B(10; 0{,}05, 0) \enspace \overset{ST}{=} \enspace 0{,}59874 \approx 60 \, \%\]

 

\[\Longrightarrow \quad P^{10}_{0{,}05}(X < \mu) > 0{,}5\]

\(\Longrightarrow \quad\) Die Aussage ist falsch.

 

Weitere Beispiele:

 

\[B(3; 0{,}125; k)\]

\[n = 3\,; \quad p = 0{,}125\,; \quad \mu = 0{,}375\,; \qquad P^{3}_{0{,}125}(X = 0) \enspace \overset{ST}{=} \enspace 0{,}66992\]

 

\[B(5; 0{,}01; k)\]

\[n = 5\,; \quad p = 0{,}01\,; \quad \mu = 0{,}05\,; \qquad P^{5}_{0{,}01}(X = 0) \enspace \overset{ST}{=} \enspace 0{,}95099\]

 

\[B(8; 0{,}03; k)\]

\[n = 8\,; \quad p = 0{,}03\,; \quad \mu = 0{,}24\,; \qquad P^{8}_{0{,}03}(X = 0) \enspace \overset{ST}{=} \enspace 0{,}78374\]